Ostenfelde – Mittwochabend, 20 Uhr in Ostenfelde. Tönne Schmalbrock alias Adam und Gertrud Wellerdiek alias Eva stehen auf der schon fast fertigen Bühne und beschimpfen sich, was das Zeug hält. Auf münsterländisch Platt. Regisseur Hans Schwartze sitzt im Zuschauerraum und verfolgt mit dem Textheft gebannt das Geschehen.
Seit Anfang November proben die Laiendarsteller des Plattdeutschen Theaters Ostenfelde dreimal die Woche ihr neues Stück „Drunner un drüöwer – brandniee Beliäwnisse met Adam un Eva“ aus der Feder von Hans Schwartze.
Seit 1964 gibt es die plattdeutsche Laienspielschar in Ennigerlohs Ortsteil, nachdem sie von der Kolpingfamilie gegründet wurde. Von diesem Zeitpunkt an fand die Premiere immer am 2. Weihnachtstag statt. Seit 2003 ist sie in der ersten Januarwoche. Seit Anfang der 70er Jahre führt der gebürtige Grevener das Zepter in der Hand. Schwartze, der als Lehrer 1970 nach Ostenfelde zog, wurde vom Kolpingverein gefragt, ob er nicht die Regie des Theaters übernehmen wollte, und seitdem ist er dabei. Anfangs wurden Theaterstücke gekauft, danach hat Schwartze angefangen, die Stücke selbst zu schreiben; darunter auch die Erfolge aus den letzten Jahren „Dat giww’t doch nicht“ im Jahr 2014 und „Dat Metbrengsel“ im Jahr 2013. Im Spieljahr 2015/2016 führen die Darsteller sein 23. Stück auf. Und wieder hat der Regisseur, der auch dieses Jahr nicht nur hinter der Bühne agiert, sondern auch auf der Bühne, den Darstellern ihre Rollen auf den Leib geschrieben, so dass alle Mitwirkenden ihr komödiantisches Talent unter Beweis stellen können. Es darf also herzlich gelacht werden.
Schwartze freut sich insbesondere über die Urgesteine, die schon 30 – 35 Jahre mit dabei sind und auch heute noch mit Eifer auf den Brettern stehen, die die Welt bedeuten. So fällt es den jüngeren Darstellern vielleicht auch leichter, das Plattdeutsche zu lernen, denn die ältere Generation kennt es von klein auf.
Und auch die eine oder andere Geschichte können die Darsteller erzählen, wenn die Theatergruppe auf fast fünfzig Jahre zurückblicken kann. So kam es im Spieljahr 1975/76 plötzlich zu einem Krankheitsfall, der die letzten beiden Aufführungen des Stücks „De verflixte Hochtied“ bedrohen sollte. Fünf Stunden vor dem Auftritt erreichte Schwartze die Nachricht, dass eine Darstellerin, die die Witwe Guste Thieben spielen sollte, erkrankt sei. Und nun? Doppelbesetzungen von Rollen gab es nicht. An eine Absage war nicht zu denken, denn sowohl die Samstags- als auch die Sonntagsvorstellung war ausverkauft. Weil keine andere Darstellerin zur Verfügung stand, die die Rolle hätte spontan übernehmen können, musste der Regisseur selbst ran, besorgte sich passende Schuhe und Kleidung und lernte die Rolle. Und so kam es, dass den Zuschauern eine männliche Witwe präsentiert wurde. Mit Erfolg.
Weil Adam und Eva in den letzten Jahren gut ankamen, hat sich Schwartze auch in diesem Sommer dazu entschieden, den beiden Landstreichern ein weiteres Mal eine eigene Geschichte zu widmen – brandneue Erlebnisse in drei Akten eben. Das Geschehen um die Zwei entspricht zu einem gewissen Teil tatsächlichen Begebenheiten; alles Andere ist frei erfunden. Dabei weiß Schwartze selbst oft nicht, wohin die Reise geht. „Die Ideen kommen, und die Handlung entwickelt sich selbstständig“, gibt er zu, und auch der Titel stünde lange Zeit nicht fest.
Da Theater nicht nur von Darstellern lebt, gibt es eine ganze Reihe von Akteuren, die hinter den Kulissen ihr Bestes geben und somit nicht ungenannt bleiben sollten. Da wären neben den 20 Darstellern – darunter 6 Kinder – zum Beispiel der Bühnenbau. Heinrich Wellerdiek übernimmt die Gestaltung und wird von Maler Winfried Siedlazcik aus Bocholt unterstützt, der bereits seit über 25 Jahren mit zur Gruppe gehört.
Die Maske übernimmt Schwartzes Frau gemeinsam mit dem Studio Haarmonie aus Ostenfelde. Und auch Manfred Rose und seine Mutter Agnes Kröger spielen beim Plattdeutschen Theater eine wichtige Rolle, auch wenn sie nicht auf der Bühne stehen. Die Beiden sitzen nämlich im „Flüsterkasten“ und geben den Darstellern kleine Hinweise bei evtl. Texthängern. Dieser Job ist nicht zu unterschätzen, müssen die Beiden doch das ganze Stück kennen und immer wissen, an welcher Stelle gerade gespielt wird.
Zur Geschichte:
Adam und Eva zogen in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts als Landstreicher durch das östliche Münsterland. Der gehbehinderte Adam hinkte voraus und Eva folgte ihm, pausenlos betend und schimpfend. Ihr gesamtes Hab und Gut trugen sie bei sich. Im Sommer schliefen sie in einsamen Feldscheunen und im Winter im Schweinestall auf den Bauernhöfen. Im neuen Theaterstück kommen beide zum Übernachten auf den Hof der Bäuerin Drüke Drock; gespielt von Elisabeth Wehling. Oihm Wilm, der Bruder ihres Mannes verschwand vor Kurzem nach der Arbeit auf dem Feld spurlos, und niemand weiß, was mit ihm passiert ist. Die nicht ganz so helle Magd Settken, gespielt von Schwarztes Tochter Heike, will den Vermissten nachts als Geist in ihrer Kammer gesehen haben. Während sein Bruder Franz hofft, den Vermissten eines Tages wieder zu sehen, hätte es Ellis, Drükes Schwester lieber, dass Oihm Wilm gar nicht mehr auftaucht. Bald geht es auf dem Hof drunter und drüber. Und immer wieder steht die Frage im Raum, was es mit dem Testament auf sich hat, das Drükes Vater hinterlassen haben soll. Und auch Adam und Eva mischen kräftig mit. Ob die Geschichte mit den beiden Landstreichern in der Hauptrolle in all dem Durcheinander am Ende gut ausgeht? Davon überzeugen Sie sich am besten selbst!
Spieltage im Saal des Hotel Kröger in Ostenfelde wie folgt:
Samstag, 02.01.2016 20:00 Uhr – Premiere
Sonntag, 03.01.2016 – 14:00 Uhr mit Kaffee und Kuchen
Sonntag, 03.01.2016 – 19:00 Uhr
Samstag, 09.01.2016 – 20:00 Uhr
Sonntag, 10.01.2016 – 14:00 Uhr mit Kaffee und Kuchen
Sonntag, 10.01.2016 – 19:00 Uhr
Samstag, 16.01.2016 – 20:00 Uhr
Sonntag, 17.01.2016 – 14:00 Uhr mit Kaffee und Kuchen
Sonntag, 17.01.2016 – 19:00 Uhr
Freitag, 22.01.2016 – 20:00 Uhr
Samstag, 23.01.2016 – 14:30 Uhr
Samstag, 23.01.2016 – 20:00 Uhr
Sonntag, 24.01.2016 – 14:30 Uhr
Sonntag, 24.01.2016 – 19:00 Uhr
Der Eintritt beträgt 7 Euro; Kaffee und Kuchen ebenfalls 7 Euro
Vorverkauf und Platzreservierungen werden täglich von 9:00 – 12:00 Uhr und von 17:00 – 21:00 Uhr bei Fam. Schwartze unter 0 24 25 – 74 79 entgegengenommen.
Bestellungen für das Westfälische Abendessen vor den Aufführungen können im Hotel Kröger unter 0 25 24 – 93190 vorgenommen werden.
Mehr Informationen rund um die Gruppe unter www.plattdeutsches-theater-ostenfelde.de